Wolfen/MZ/VS – Eben noch in Lausanne, nun wieder in Wolfen. An das Dauerpendeln zwischen der Schweiz und Sachsen-Anhalt muss sich Thomas Konietzko gewöhnen, jetzt da er seit vier Wochen Präsident des Internationalen Kanuverbandes (ICF) ist. Von Montag bis Donnerstagabend am Genfer See, das verlängerte Wochenende in Anhalt-Bitterfeld.
„Ich wusste natürlich, als ich meinen Hut in den Ring geworfen habe, dass ich eine Menge Zeit im Flugzeug verbringen muss, wenn ich gewählt werde“, sagt der 58-Jährige. Und damit meint er nicht nur das Hin und Her zwischen seinem Schreibtisch auf dem ehemaligen Orwo-Gelände, wo er Inhaber und Geschäftsführer der „Media GmbH“ mit 500 Mitarbeitern ist. Als Chef des Weltverbandes wird von ihm auch erwartet, dass er Kontakte zu den Verbänden in 170 Ländern hält. „Da kommen schon ein paar Kilometer zusammen“, sagt er schmunzelnd.
Thomas Konietzko wuchs in Jeßnitz auf
Seitdem er denken kann, begleite ihn der Kanusport, so Konietzko. „Ich bin in Jeßnitz aufgewachsen am unteren Abschnitt der Mulde. Und da war es einfach so, dass man als Kind beim Kanu vorbeischnuppert. Zumal meine ganzen Freunde auch bei der Betriebssportgemeinschaft Chemie Jeßnitz waren“, erzählt er. „Allerdings kann ich keine großen Erfolge aus meiner aktiven Zeit als Kanute vorweisen“, sagt der Neu-Präsident. „Lediglich mit dem ersten Platz bei einer DDR-Bestenermittlung kann ich dienen.“ Und es sei müßig, darüber zu spekulieren, was aus seiner sportlichen Karriere geworden wäre, wenn …
(Foto: imago images/Sven Simon)
Das „Wenn“ war ein Sportunfall, als er 16 Jahre alt war. „Ich saß auf der Müritz in einem Boot ganz vorn. Eine Welle hat mich rausgeschleudert, und ich habe mir den Arm ausgekugelt.“ Es folgte eine Operation und die Einsicht, dass Leistungssport mit dem Arm, „der nie wieder richtig belastet werden kann“, nicht möglich ist.
Zwar war es aus mit dem aktiven Sport, doch nicht mit dem Kanu. „Ich wurde von der BSG als Kindertrainer eingesetzt. Das hat mir großen Spaß gemacht.“ Folgerichtig machte er sein Hobby, bei dem er auch seine Partnerin kennengelernt hatte, nach Abi und Grundwehrdienst zum Beruf. „Ich habe ein externes Studium am Institut für Lehrerbildung in Weißenfels absolviert und wurde hauptamtlicher Trainer.“
Ende der DDR brachte Karrierepläne von Thomas Konietzko durcheinander
Das Studium schloss er 1990 ab. Doch das Ende der DDR warf alle beruflichen Planungen über den Haufen. „Für die Übungsleiter der Trainingszentren gab es keine Verwendung mehr.“ Er habe Glück gehabt. Der Vater einer Tochter landete bei einer Firma für Außenwerbung, die im Osten expandieren wollte. Am 1. Oktober 1990 war Schluss beim Deutschen Turn- und Sportbund der DDR.
„Am nächsten Tag war ich Außendienstler und verkaufte Flächen für Sportwerbung, zum Beispiel Bandenwerbung in Stadien. Eine Sache, die da groß im Kommen war.“ 1993 gab Konietzko den Außendienst auf, wurde Geschäftsführer, kaufte zwei Jahre später Firmenanteile und gründete die „Media GmbH“. Heute verkauft das Unternehmen als Vertriebspartner in Deutschland mit Niederlassungen in Österreich und Russland Werbeflächen.
In der Freizeit geht es immer um den Kanusport. Und mit dem Engagement wächst die Verantwortung: Thomas Konietzko wurde Vizechef des Deutschen Kanuverbandes und 2010 Chef. Für die Ämter „wurde ich vorgeschlagen. Selbst beworben habe ich mich nicht“, erzählt er. Rückhalt gab’s von seinem Team in der Firma.
Thomas Konietzko wird Kanusport in Amerika und Asien voranbringen
Nun wird er seine „Visionen wie der Kanusport weltweit weiter entwickelt werden kann“ in die Tat umsetzen. Dass er auf diesem Gebiet schon einiges vorweisen kann, beweist sein sportdiplomatisches Geschick, mit dem er es schaffte, Athleten aus Nord- und Südkorea bei den Asienspielen 2018 in einem Drachenboot zu bekommen. „Und das hat dann sogar die Goldmedaille gewonnen“, freut sich Konietzko noch immer.
Sein Augenmerk wird der 58-Jährige auf die amerikanischen und asiatischen Mitgliedsstaaten richten. „Es geht darum, dass Sportler dieser Kontinente bei internationalen Wettbewerben auf dem Siegertreppchen stehen als zurzeit noch.“ Sein Vorschlag: „Die ICF stellt speziell für Afrika, Asien und Amerika Regionalmanager ein, die die Entwicklung dort vorantreiben.“
Einen ersten Coup konnte der Funktionär schon landen. Es gelang ihm, mit dem chinesischen Staatsfernsehen einen Vertrag abzuschließen. „Die Chinesen werden nun Kanuwettkämpfe im TV übertragen.“ Ein guter Anfang. Doch Thomas Konietzko hat noch viel mehr vor.
Quelle: www.mz.de