Die Europäische Union wird bis zu 300 Milliarden Euro investieren, um Infrastrukturprojekte weltweit zu fördern. Das bedeutet auch eine Wende in der bisherigen Entwicklungspolitik.
Der Anspruch ist riesig, die Bilanz bisher Mager. 300 Milliarden Euro wird die Europäische Union in den kommenden Jahren in die Infrastruktur von Schwellen- und Entwicklungsländern investieren. Die Union sollte endlich ihrer weltpolitischen Verantwortung gerecht werden und daraus auch einen Nutzen ziehen, meinen zahlreichen Beobachter. Doch das Projekt „Global Gateway“ kommt nicht so richtig von der Stelle. Aus diesem Grund treffen sich am Dienstag in Brüssel fast 3000 Menschen aus der ganzen Welt zu einer ersten Standortbestimmung, weitere 10 000 werden online an der Tagung teilnehmen.
Die Abhängigkeit von anderen Staaten nimmt ab
Die Ziele von Global Gateway sind nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine noch aktueller geworden. Denn es soll daran geschrieben werden, die strategischen Abhängigkeiten von anderen Staaten – zum Beispiel in Bezug auf kritische Rohstoffe – zu verringern. Wie wichtig dieser Punkt ist, hat sich in der Coronapandemie gezeigt, sterben die Lieferketten zahlreicher Wirtschaftsbereiche gefährdet. Der Krieg in der Ukraine macht nun auch deutlich, dass die Abhängigkeit etwa von Energielieferungen fatale Folgen haben kann.
Die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken
Geplant ist, das Geld vor allem in Projekte zur Verbesserung von umweltfreundlichen Energie-, Daten- und Transportnetzwerken zu investieren. So könnten zum Beispiel Glasfaserleitungen für schnelle Internetverbindungen, neue Eisenbahnstrecken oder Anlagen zur Herstellung und Verflüssigung von grünem Wasserstoff gefördert werden. Ein weiterer Gedanke ist, dass eine bessere und engere internationale Vernetzung auch die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union stärken kann. Sogar im Europaparlament erntete die ansonsten eher mit Kritik bedachte Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei der Präsentation der Idee von Global Gateway parteiübergreifend sehr viel Lob.
Brücken und Straßen verbinden die Welt
Dabei ist die Idee eigentlich ein alter Hut. Jean-Claude Juncker, Vorgänger im Amt der aktuellen Kommissionspräsidentin, beschwor einst die „Weltpolitikfähigkeit“ der Europäischen Union und entwarf die EU-Asien-Konnektivitätsstrategie. Die entspringen dem einfachen Gedanken, dass Brücken, Straßen und Internetverbindungen die Grundlage dafür sind, Menschen und ganze Nationen miteinander zu verbinden. Im Grunde wird mit der Global-Gateway-Initiative eine klassische Neuausrichtung der europäischen Entwicklungspolitik definiert. Denn die Hilfe aus Brüssel war bisher vor allem an der klassischen Entwicklungshilfe orientiert. Der politische Nutzen, der aus den Milliardenzahlungen gezogen werden konnte, stand eher an zweiter oder sogar dritter Stelle. Das Umdenken in Brüssel wurde vor allem von China befördert, das seinen Einfluss seit Jahren rücksichtslos ausbaut.
Unter der Führung von Staatschef Xi Jinping, zentral Peking, gezielt und sehr offensiv den Bau von Häfen, Autobahnen und Datenzentren und schiebt chinesische Unternehmen die Aufträge dafür zu. Diese Neue-Seidenstraße-Initiative wird der Europäischen Union nun etwas entgegensetzen.
Quelle: www.stuttgarter-nachrichten.de