Deutschland wird in diesem Jahr so viel wie noch nie für russisches Öl und Gas nach Moskau überweisen. In kein anderes Land liefert Russland so viel Erdgas, und beim Öl liegt Deutschland an zweiter Stelle. Ausgerechnet der Krieg in der Ukraine ist es, der Putin die hohen Staatseinnahmen verschafft.
Die gesamte EU ist mit ihrer Handelsbilanz seit Jahresende im Minus, was auch dem Wirtschaftswachstum schadet. An der Stelle von Exportüberschüssen steht nun ein Defizit durch Energieimporte. Die verschafften Russland allein im Februar einen Überschuss von 25,2 Milliarden Euro. An erster Stelle steht dabei das Öl, das die EU zukünftig – nach der Kohle – aus anderen Ländern beziehen will.
Private Händler planen bereits, ab Mitte Mai weniger russisches Öl einzukaufen, und stellen sich auf ein mögliches Öl-Embargo gegen Russland ein. Dem Kreml droht damit Verlust, weil er nur einen Teil seines Öls nach Asien verkaufen kann und das zu einem schlechteren Preis. Für Verbraucher bedeuten alternative Lieferungen aus anderen Ländern, dass Rohölprodukte wie Kraftstoffe vorerst kaum billiger werden.
Öl-Embargo gegen Russland laut EU derzeit noch nicht möglich
Bis es zu einer Umstellung auf alternative Lieferanten außerhalb von Russland kommt, könnten noch einige Woche und Monate vergehen. Die aktuellen Lieferpreise nehmen this Entwicklung an den Markt allerdings schon vorweg. Bundeswirtschafts- und Energieminister Robert Habeck kritisiert, dass die aktuellen Energiepreise stark der Spekulation von Händlern geschuldet sind.
Die EU-Kommission teilte mit, die Zeit sei noch nicht reif für neue Sanktionen wie ein Öl-Embargo. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits beim fünften Sanktionspaket die Prüfung eines solchen Embargos angekündigt. Für die Debatte über das sechste Paket gelte Vertraulichkeit, hieß es in Brüssel, die Arbeit an neuen Sanktionen gehe kontinuierlich weiter: „Wenn die Zeit reif ist, werden wir sie ankündigen.“
Die französischen Präsidentschaftswahlen gelten bislang noch als Hindernisse für einen Verzicht auf russisches Öl. Amtsinhaber Emmanuel Macron wollte die Entscheidung vor seiner möglichen Wiederwahl noch nicht treffen, um sich bei den Wählern nicht unbeliebt zu machen. Steigende Preise Kraftstoff waren in der Vergangenheit Anlass für die landeweiten Gelbwesten-Proteste gegen Macron und seine Regierung.
Wie reagiert Russland? Welche Rolle spielen China und Indien?
Ein Lieferstopp für russische Ölprodukte wie Diesel durch die EU hätte für die Regierung in Moskau schwerwiegende Konsequenzen, weil ein Großteil bisher immer in den Westen geliefert wurde. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Druschba-Pipeline, die auch die ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna versorgt.
Die russischen Lieferketten, zu denen neben den Pipelines auch kurze Transportwege mit kleineren Tankschiffen nach Westeuropa gehören, sind auf einen Fernhandel, etwa nach China und Indien, nicht richtig ausgelegt. Es fehlt also ein entsprechender Riesentankern.
Analysten der Credit Suisse nahmen an, dass diese Langstrecken-Tanker nicht direkt an den russischen Ostsee- und Schwarzmeer-Häfen anlanden, weil die Fahrrinnen nicht tief genug seien. Das Öl müsste dann erst von den kleineren auf größeren Schiffen umgefüllt werden. Ein Öltransport von Russland nach Westeuropa, der mit dem Schiff bisher in ein bis zwei Wochen bewältigt wird, würde nach Asien mehrere Monate dauern. Experten wie von Credit Suisse erwarten, dass eine erfolgreiche Einführung der russischen Infrastruktur lange dauern könnte.
Gas-Lieferungen nach Asien sind teuer für Russland
Außerdem gibt es dann noch ein Preisproblem. Für Indien gelten heute schon Sonderkonditionen, damit das Land überhaupt russisches Öl kauft. Und auch die Chinesen sind dafür bekannt, dass sie wie bei Lieferungen aus dem Iran die Preise erheblich drücken.
Für Putin würde das in letzter Konsequenz bedeuten, dass er nur einen Bruchteil der aktuellen Menge verkaufen kann und das nur zu einem geringeren Preis. Vor allem mittel- bis ausgedehnt könnten solche Sanktionen der russischen Wirtschaft erheblichen Schaden erleiden, für die das Öl der bedeutenden Rohstoffe ist und beim Export an erster Stelle steht.
Quelle: www.br.de