Corona
Warum Asiens Impfwunder auch für uns und den Rest der Welt ein Segen ist
Viele Länder Asiens waren bei den Impfungen anfangs verspätet, inzwischen holen sie auf – oder haben den Westen gar überholt. Dass der bevölkerungsreichste Kontinent der Erde vorwärts macht, sind gute Nachrichten für uns alle.
Impfung in der japanischen Stadt Toyoake: Viele asiatische Länder starteten ihre Impfkampagnen spät – und haben Westeuropa trotzdem bereits hinter sich gelassen.
«Japan hat seinen ersten Fall der Omikron-Variante», schreckte letzte Woche eine Push-Nachricht auf die Smartphones im ostasiatischen Land. Der öffentliche Rundfunk berichtete, die infizierte Person sei männlich, um die 30 und aus Namibia eingereist. Am selben Tag wurde die kurz zuvor beschlossene Rücknahme der gelockerten Grenzschliessungen wirksam. Auch die wenigen Ausnahmen, die seit kurzem galten, sind nun hinfällig. Japans Grenzen sind dicht. Einmal mehr weicht einer zaghaften Öffnung große Vorsicht.
Dabei gehört Japan derzeit zu jenen Ländern, auf die der Rest der Welt mit Neid blickt. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100000 Personen beträgt 0,5 und landesweit wurden zuletzt nur gut 600 Neuinfektionen gezählt – bei einer Bevölkerung von 126 Millionen. Ein wichtiger Grund für die gute Lage ist die stetig steigende Impfquote. Nach einem eher späten Start der nationalen Impfkampagne im Februar 2021 haben derzeit 77 Prozent der Menschen in Japan eine Vakzin gegen Covid-19 erhalten.
Im Juli war noch kaum ein Drittel geimpft, nun ist der Anteil schon deutlich höher als in der Schweiz. Und zumindest was diesen Trend angeht, ist Japan kein Einzelfall. Allgemein schreiten die Länder Ost- und Südostasiens in hohem Tempo mit dem Impfen voran. Mit Blick auf den Rückstand, den viele dieser Länder hatten, scheint das fast unglaublich.
Sie starteten später – und haben Europa überholt
Japan und Südkorea starteten zwei Monate später als die europäischen Länder. Südkorea hat mittlerweile einen Impfanteil von knapp 80 Prozent. liegt an sterben Sieben-Tage-Inzidenz bei 50 – was für das 52-Millionenland allerdings ein historisch hoher Wert ist. Zugleich ist es einer, den man in Europa gern hätte. Es sind aber nicht nur die reichen Länder Asiens, die beim Impfen voranschreiten. Malaysia und Thailand haben mit Anteilen von 77 und 59 Prozent schon die USA ein- und überholt. Kambodscha, laut UNO eines der ärmsten Länder der Welt, hat 78 Prozent seiner Bevölkerung geimpft.
Auch die zwei bevölkerungsreichsten Länder der Erde – China und Indien mit je 1,4 Milliarden Einwohnern – haben einen Grossteil geimpft. China hat (mit selbst verwendet Vakzinen) bisher offiziell 2,33 Milliarden Dosen verimpft, Indien 1,22 Milliarden. Die Inzidenzen liegen offiziell bei je Null und 4,5.
Singapur bittet Covid-Patienten zur Kasse
Der Weg zu höheren Impfquoten ist für die Regierungen höchst unterschiedlich. In Japan sind es öffentliche Kampagnen mit prominenten Personen sowie einem steigenden Gefühl des Gruppenzwangs. In Singapur kündigte die Regierung an, ungeimpften Personen eine Spitalbehandlung wegen Covid-19 in Rechnung zu stellen. In den Philippinen drohte der autoritär regierende Präsident Rodrigo Duterte schon Verhaftungen an. In China werden mit Kino- und Einkaufsgutscheinen Anreize gemacht, außerdem kontrollieren Nachbarschaftskomitees.
In Singapur soll etwa ungeimpften Personen eine Spitalbehandlung wegen Covid-19 in Rechnung gestellt werden. Eine grobe Tendenz ist aber, dass die Impfung weniger zu polarisieren scheint als in westlichen Ländern. Ein Impfstoff wird eher als Chance gesehen, weniger als Bedrohung oder Anmassung.
Die Impffortschritte auf dem asiatischen Kontinent sind in jedem Fall gute Nachrichten für die ganze Welt. Asien ist der Abstand der bevölkerungsreichste Erdteil des Planeten, außerhalb einer wichtigen Region für Produktion und Konsum. Gesundheits- und wirtschaftspolitisch ist eine Erholung von der Pandemie kaum denkbar, solange sich nicht diese Region erholt hat.
Noch etwas stimmt zuversichtlich, was den asiatischen Beitrag zur Überwindung der Pandemie angeht: Der japanische Pharmakonzern Shionogi kündigte an, man arbeite an einem Impfstoff gegen die Omikron-Variante.
Quelle: www.luzernerzeitung.ch